stairMagazin

ausgabe #011

Leistung und Kreativität

Kreativität – der unter­schätzte Wert

Deutschland gilt nach wie vor als das Land mit den meisten Innovationen. Doch gleichzeitig ist zu beobachten, dass sich Unternehmen sehr häufig gegen Neuerungen sperren und Mitarbeiter mit ihren Ideen nicht zum Zug kommen lassen. Menschen erwarten aber mehr und mehr, dass ihnen Unternehmen ganzheitliche und sinnvolle Erfahrungen bieten und das bedeutet, dass sie mitgestalten und damit ihre schöpferische Seite, also ihre Kreativität, einbringen wollen. Verhindert wird dies allerdings durch enge Vorgaben, starre Regeln, überholte Überzeugungen oder zu starke Fokussierung auf die Hierarchie und deren Machtstrukturen. Zu oft werden  überaus wichtige Impulse der Menschen ausgebremst.       

Fragen aus dem stairAlltag

Lasst Funken sprühen

Wenn wir auf die Soft Facts setzen, wissen wir nicht, wie wir sie messen sollen und was es wirklich bringt ...

stairconsult: Zahlen alleine, insbesondere die üblichen Kennzahlen, bilden Leistung längst nicht mehr ab. Abgesehen davon werden Zahlen viel zu häufig völlig falsch interpretiert. Sie sind Symptome und werden als Problem verstanden. Schlechte Zahlen sind oft nicht minder ein Resultat von mangelhafter Führung oder einer angeschlagenen Kultur. Die weichen Faktoren sind harte Tatsachen. Führung hat einen riesigen Einfluss darauf, ob ein Unternehmen erfolgreich ist. Das kann jeder beobachten. Ein falsches Wort des Vorgesetzten kann ein ganzes Team von jetzt auf gleich unwillig und arbeitsunfähig machen. Umgekehrt gilt: Freude, Humor, Gespräche führen können, zuhören, Vertrauen schaffen, motivieren, das sind die Leistungstreiber von heute. Bloß lineare Denker, die sich nur auf Messbares verlassen und keine Ausreißer dulden, Spaßbremsen, Lästerer und Dauernörgler blenden eine sprudelnde Leistungsquelle aus.

Wir wissen zum Beispiel, dass Kinder unter Angst nicht lernen können. Am förderlichsten ist, wenn sie in irgendeiner Weise von etwas fasziniert und dadurch motiviert sind. Dann bleibt der Stoff erst richtig hängen. Verliebte lernen die Sprache eines fremdsprachigen Partners wesentlich schneller als Menschen, die sich unter negativem Druck eine Sprache aneignen müssen. Diese Erkenntnisse aus der Hirnforschung könnte man auch im Management und in der Führung aufgreifen. Wie kann ich Bedingungen schaffen, dass Menschen ermutigt werden, Leistung überhaupt über die üblichen Routineergebnisse hinaus zu erbringen?

Kreativität ist doch Talent, kann man das überhaupt lernen?

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Interview

Der feine Unterschied

Thomas Born

Vorsitzender der Geschäftsführung Voith Dienstleistungen

Thomas Born

Thomas Born ist seit 2010 Vorsitzender der Geschäftsführung der Voith Dienstleistungen und Grundstücks GmbH. Auch in vielen anderen verantwortlichen Führungspositionen im Personalmanagement oder im Kunden- und Vertriebsbereich steuerte er große Veränderungsprojekte. Auch der Neubau und die Neukonzeption des Voith Ausbildungszentrums, in dem Architektur, Kunst und Funktion ideal verschmelzen, und das nun das Herz der Stadt Heidenheim schmückt, stand unter seiner Ägide. Das ganzheitliche Ausbildungskonzept der Firma Voith genießt seit vielen Jahren weltweit Anerkennung.

Ist es Leistung, wenn jemand in einer TV-Livesendung in einer Minute 36 Küchenschaben isst?

Thomas Born: Nein, Quatsch. Für mich ist das eine Fehlentwicklung von Anerkennung und Wertschätzung. Die Möglichkeit, sich über derart verrückte Dinge bekanntzumachen und dafür Applaus zu bekommen, ist doch völlig fehlgeleitet.

Wir werden alle durch die Medien permanent mit diesen »Heldentaten« gefüttert. Das ist in Bezug auf die Frage »Was ist Leistung?« ziemlich provokativ. Aber gibt es solche Tendenzen in Unternehmen nicht auch? Werden nicht zahlreiche Leistungen erbracht, bei denen man sich fragen muss: »Macht das überhaupt Sinn?«

Natürlich, das gibt es auch. Aber was ist denn die übergeordnete Motivation, weshalb solche Fehlentwicklungen überhaupt entstehen können? Phänomene wie »der öffentliche Verzehr von Küchenschaben« gedeihen doch auf dem Nährboden von »Kommerz auf Teufel komm' raus« und einer pervertierten Form von Aner­kennung. Der beste Beweis ist der Erfolg von Dschungelcamp. Ein normaler Mensch würde nicht einmal eine einzige Küchenschabe essen. Natürlich hat jede Unternehmung das übergeordnete Ziel, Geld zu verdienen. Die Geschäftsidee eines Dschungelcamps ist jedoch, die pervertierte Schaulust des Zuschauers anzuzapfen und die Protagonisten diesem Publikum vorzuführen. Im Gegensatz dazu hat ein Unternehmen normalerweise einen seriösen Geschäftszweck, den es zum Ziel des Geldverdienens auch verfolgen muss. Leider werden auch hier – vornehmlich in großen Organisationen – manchmal verworrene Wege eingeschlagen, die schlussendlich zu Blindleistungen führen. Dann greifen die Zahnräder nicht überall richtig ineinander und es entstehen Ineffizienzen und leider im schlimmsten Fall Zielverfehlungen.

Wie viel fehlgeleitete Leistung wird Deiner Ansicht nach in Unternehmen produziert?

Viel zu viel im Verhältnis zur Leistung, die wirklich wertschöpfend ist. Jedes Unternehmen ist von seinen Bedingungen und der jeweils individuellen Situation geprägt. Ich würde da schon differenzieren zwischen kleinen Handwerksbetrieben, mittleren und größeren Industrieunternehmen und ganz großen Konzernen. Ich habe das Glück gehabt, im Laufe meines Berufslebens in kleinen, mittleren und großen Unternehmen arbeiten und alles kennenlernen zu dürfen, und sage ohne großen Wagemut: Je größer das Unternehmen, umso größer die Blindleistung. Es ist schwer, das in Zahlen oder Prozentwerten auszudrücken, nehmen wir jedoch den Verwaltungs- und Bürokratieaufwand, die Komplexität der Prozesse, die vielen Regeln und Vereinbarungen, die Inflexibilität, Fehlzeiten und vieles mehr, so habe ich manchmal den Eindruck, der Anteil von Blindleistung könnte in großen Konzernen gegen 40 Prozent gehen. Das ist sehr viel. Das Problem: Man weiß oftmals nicht, woran das liegt. Eigentlich müsste jeder Prozess, jeder Arbeitsablauf dahingehend untersucht werden, ob damit tatsächlich Geld verdient werden kann.

Heißt das, dass Leistung unmittelbar mit dem Erfolg in der Wertschöpfungskette verknüpft sein muss?

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