Lasst endlich wieder arbeiten

Woran liegt es denn, dass hierarchische Positionen und die eigentliche Arbeit entlang der Prozesse oft so gar nicht mehr zusammenwachsen? Durch formelle Strukturen und Hierarchiemissbrauch sind Unternehmen in ihren Prozessen unbeweglich geworden. Aber, wir befinden uns in einer Transformation hin zu einem gravierend neuen Kulturverständnis. Und die kommt nicht von oben. Sie kommt von außen und von innen.
Immer mehr Menschen sagen mir, dass Führung, vor allem in den Sandwichpositionen nicht mehr attraktiv sei. Sie kündigen sogar mit dem Argument, und das ist nicht nur Fiktion, sondern längst Realität: »Ich habe keine Lust, mich wie ein Depp behandeln zu lassen.« Leistung wird nicht anerkannt, aber sehr viel Energie in den sogenannten System- und Machterhalt derjenigen verschwendet, die sich am längeren Hebel wähnen. Gute Leute kündigen und sind frei! Und damit auch weg. Werden diese Signale immer noch überhört? Wir müssen unbedingt, wenn es um die Zukunft der Unternehmen geht, die Abhängigkeiten überdenken. Wir kommen daran nicht mehr vorbei.

Worum es dabei geht? Es ist nicht nur die neue Generation, die sogenannte Generation Y, die vollkommen andere Vorstellungen von Führungsbeziehungen hat, sondern es sind auch die davon inspirierten sogenannten älteren, die über 50-Jährigen, die sich überlegen, ob sie diese Art von Respektlosigkeit, die teilweise immer noch von den Machtinstanzen ohne Scham ausgelebt wird, überhaupt noch tragen wollen. Nein! Ich kann das beantworten, weil ich mit diesen Menschen spreche. Sie wollen es schon längst nicht mehr. Und wir wollen uns nichts vormachen – gesund war diese Art von Gefälle zwischen Menschen, die durch Macht, Image oder Geld definiert wird, noch nie. Menschenwürdig auch meistens nicht. Also bitte, treffen Sie sich auf Augenhöhe. Daran kann man arbeiten.

Fähige Leute

Es geht nicht darum, Führung abzuschaffen, aber darum, vor Machtmissbrauch zu warnen. Denn – die gesamte Kompetenz für jedes gelingende Projekt mit hoher Qualität wird von den fähigen Menschen, die gerne Entscheidungen treffen und treffen können, eingesetzt. Sie sind wirklich oft in ihrer spezifischen Kompetenz sehr viel besser als die Vorgesetzten oder sogar herausragend einzigartig. Und sie würden vor allem sehr, sehr gut und in Liebe und unter guten Bedingungen mit ihren Teamkollegen zusammenarbeiten, wenn nicht – ja, wenn nicht – von oben jemand reingrätschen würde, jeden Prozess ignorierend und dabei vielleicht noch einzelne Menschen oder Persönlichkeiten protektierend. Bestleistung wird durchkreuzt ohne Verständnis und Verstand, sondern aus purem Positionsgehabe. Qualität ist plötzlich ganz egal. Eine ganze Mannschaft frustrieren ist plötzlich ganz egal. Nein, diese Zeit, das kann ich auch vor allem mit meinem externen Blick, der alle Seiten sieht, ganz nüchtern sagen, geht ihrem Ende entgegen.

Runter mit dem Ego

Ist es das, was man mit der Macht in der Hand will? Ärger, Schwächung, Blindleistung, Dienst nach Vorschrift, Mittelmäßigkeit? Will man wirklich gute Leute dazu provozieren, den Bettel hinzuschmeißen, indem sie sagen, »Macht doch euern Mist allein«? Gleichzeitig existiert aber der Anspruch an hohe Renditeziele. Dann lasst doch die Leute machen. Warum denn nicht, wenn sie gut sind? Runter mit dem Ego, rauf mit der interaktiven sozialen Kompetenz, die wirklich den Rahmen für Leistung schafft, mit der man noch viele verblüffen kann. Das braucht gute Führung. Im Sinne von Wertschätzung für gute Arbeit, Inspiration, Förderung, Sinnstiftung, Orientierung, Anspruch usw. Sollten Mitarbeiter bezüglich der notwendigen Fähigkeiten noch Nachholbedarf haben, können Führungskräfte ihrer Rolle gerecht werden, indem sie Lernen ermöglichen. Herablassendes Verhalten ist wirklich ein absolutes »no go!« Die ganz Großen haben das bereits längst vorgemacht und setzen damit Maßstäbe. Facebook, Google, Amazon und Co. Sie fördern Lerngemeinschaften und Teams und vertrauen ihnen. Sie schaffen die Voraussetzungen, dass Menschen sich mit Leidenschaft und Liebe für das Unternehmen einsetzen. Deswegen haben diese Unternehmen die besten Leute. Es wird Zeit, sich daran zu gewöhnen, dass die Welt längst angefangen hat, sich zu drehen. Unaufhaltsam. Ignoranz wird das nicht stoppen.