stairMagazin

ausgabe #009

Ordnung

Das Chaos mit der Ordnung: Es kommt, wie es kommen muss

Ordnung ist kein Kreativitätshemmer, wie viele Menschen etwa behaupten. Ordnung dient uns, die Fülle unserere Gedanken aber auch unsere variantenreichen täglichen Aufgaben zu sortieren. Durch Ordnung schaffen wir einen Bezugsrahmen, der uns in einer hohen Komplexität Orientierung verschaffen kann. Doch klar ist, jede Übertreibung kann uns auch versklaven. Ordnung muss sich auch gesund ergeben. Ein Ordnungsfimmel zum Besipiel ist gegenüber dem eigentlichen Nutzen von Ordnung kontraproduktiv.   

Fragen aus dem stairAlltag

Ordnung dient uns, nicht wir ihr

Es ist sehr schwer, Ordnung ins Unternehmen zu bekommen. Ständig wird improvisiert und dadurch lösen wir die gerade geschaffene Ordnung wieder auf. Wie kann man das lösen?

stairconsult: Wir stoßen immer an unsere Grenzen, wenn wir Ordnung als etwas Statisches begreifen. Wenn das Ordnungsschema dominanter ist als sein Nutzen, müssen wir uns Gedanken machen, was da eigentlich nicht stimmt. Man muss immer im Auge behalten, dass die Ordnung uns dienen soll und nicht wir der Ordnung. Das ist oftmals ein grundsätzliches Missverständnis, im Übrigen auch beim Umgang mit Regeln oder anderen Instrumenten und Methoden.

Wir sollten immer überprüfen, ob die geschaffene Ordnung oder eine Regel noch ihren Sinn und Zweck erfüllt. Wozu soll diese oder jene Ordnung, eine Regel, ein Strukturinstrument überhaupt dienen? Ist das nicht mehr klar, sollte man sich mehr Gedanken über den Inhalt, das Ziel machen als über das Einhalten der Ordnung oder der Regel. Vielleicht muss man erstmal eine alte Regel infrage stellen, um zu begreifen, worum es geht. Welche Herausforderungen habe ich tatsächlich? Wo liegt unser Problem?

Nehmen wir das Beispiel des Improvisierens. Improvisieren ist nicht nur etwas Negatives, sondern auch eine Kompetenz. Allerdings, wenn wir zum Improvisieren gezwungen sind oder hier ein klares Muster, eine Gewohnheit zu erkennen ist, sollte man genauer hinsehen. Es geht darum, die Wurzeln des Problems zu erfassen und sich nicht nur dem Ergebnis, beispielsweise dem Chaos, zu widmen.

Wenn Unordnung entsteht, wird das sofort als Scheitern erlebt. Und so wird man veranlasst, immer nur am Symptom herumzudoktern oder eben zu improvisieren. Und das endet letztlich wieder in krampfhaften und leider oft erfolglosen Versuchen, Ordnung zu halten. Besser man erfasst die Botschaft, die hinter dieser Unordnung steckt, anstatt immer wieder erneut die alte Ordnung herstellen zu wollen, mit der zunächst einmal gar nichts gelöst wird.

Warum sind viele Menschen unfähig, Ordnung zu halten? Das kann doch nicht so schwer sein.

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Interview

Ordnung dient uns, nicht wir ihr

Ina Schmidt

denkraeume

Dr. Ina Schmidt

Dr. Ina Schmidt, Jahrgang 1973, studierte Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg und arbeitete in ihrer Promotion über den Einfluss der Lebensphilosophie auf den frühen Martin Heidegger (Vom Leben zum Sein. Die Lebensphilosophie und der frühe Martin Heidegger, Königshausen & Neumann, 2005).

2005 gründete sie die »denkraeume«, eine philosophische Beratungspraxis in Reinbek bei Hamburg, in der sie Privatpersonen und Unternehmen in die Kunst des philosophischen Denkens einführt. Bekannt ist sie als Buchautorin und Verfasserin von Essays und Zeitschriftenbeiträgen. Ina Schmidt ist Mutter von drei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Reinbek.

stairconsult: Wenn wir an einen neuen Ort kommen, sei es in ein Unternehmen oder in ein Restaurant, orientieren wir uns sofort: Was ist hier los? Was macht das für einen Eindruck auf mich? Wie ist die Atmosphäre und was begegnet mir da. Ich sehe sofort, was stört oder was passt. Deswegen die wichtigste Frage am Anfang: Räumst Du gerne auf?

Ina Schmidt: Nein, ich mag die Notwendigkeit, aufzuräumen, nicht. Aber ich räume lieber auf als früher, weil ich gemerkt habe, dass es mir gut tut. Das Aufräumen gibt mir eine gewisse Form von Befriedigung. Ich kann mich in dem, was mir wichtig ist, zurechtfinden und das macht mir dann tatsächlich Freude.

Ordnung dient also auch der Orientierung oder dem Zurechtfinden. Du sagst, innere Zufriedenheit ist der Kern, das Prinzip von Ordnung?

Sie gibt ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität. Ich habe alles ein bisschen unter Kontrolle. Allerdings in meinem begrenzten und überschaubaren Rahmen. Dort kann ich Ordnung herstellen. Sie ergibt sich nicht von selber. Wenn sie etwas mit mir zu tun hat, entsteht das Gefühl von Zufriedenheit.

Jeder hat ja ein Verhältnis zur Ordnung oder zur Unordnung. Jeder kann bei diesem Thema mitreden. Es geht um das Wesentliche. Es geht um Entscheidungen. Entscheidest und gestaltest Du heute anders?

Die Geburt meiner Kinder hat vieles verändert, weil einfach so viel dazugekommen ist. Nicht nur an Dingen, sondern auch an Themen, Fragen und Überlegungen. Auch ein neues Haus, ein Jobwechsel oder irgendeine andere Lebensentscheidung können dazu führen, dass man die Dinge anders betrachtet. Solch ein Punkt ist wie ein Magnet, den man plötzlich irgend­wo reinwirft und an dem sich alles ausrichtet. Weil das nicht automatisch geht, ist man erstmal gefordert und steht vor vielen Fragen.
Viele merken, dass sie sehr stark in systematischen Denkstrukturen verstrickt sind. Es scheint auf den ersten Blick keine Alternativen zu geben: Das muss genau dort abgeheftet sein oder das muss in einer bestimmten Reihenfolge stattfinden. Das Leben macht einem da einen gehörigen Strich durch die Rechnung, weil eben diese Systematik oft nicht funktioniert. Und trotzdem gibt es diese Momente, in denen es ein Gefühl von ganz großer Ordnung, von Stabilität und Stimmigkeit gibt – dann passt irgendwie alles zusammen.

Stimmigkeit in dem Sinne, dass der Zusammenhang stimmt, dass die Komposition stimmt? Trotz aller Schwächen oder Fehler?

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