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Die Entscheidungsfallen

02.08.2017
Bettina Augustin

So kann Unternehmensalltag aussehen: Das Topmanagement ist nicht gut abgestimmt. Jeder hat eine andere Meinung, macht sein Ding. Gemeinsam kommt man auf keinen grünen Zweig, findet faule Kompromisse oder sitzt Probleme aus. Im schlimmsten Fall geht jeder in eine eigene Richtung, schafft Allianzen und richtet in der Firma Mauern auf. Mitarbeiter bekommen Loyalitätsprobleme. Die Verunsicherung setzt sich durch bis in jede Zelle. Die Idealvorstellung einer Führungskraft ist aber im besten Fall, mit Leidenschaft Unternehmer im Unternehmen zu sein, Grenzen zu sprengen und alles daranzusetzen, mit Erfolg zu glänzen. Ihre wichtigste Aufgabe sehen Leader fast unisono: Entscheidungen treffen. Sie wollen damit die Richtung vorgeben. Das klingt klar und einfach und scheint einer Topführungskraft in die Wiege gelegt zu sein, so zumindest das häufig anzutreffende Selbstbild. Doch auf dem Weg zu Entscheidungen sind viele Fallen aufgestellt. Fehlentscheidungen prägen allzu häufig den Alltag vieler Führungskräfte. Die größte Gefahr ist nicht selten das eigene Denken.

 
Entscheidungen müssen ständig und auf unterschiedlichsten Ebenen des Unternehmensalltags getroffen werden. Welche Investitionen wollen wir tätigen? Welche Prozesse wollen wir als erstes verbessern? Welchen Mitarbeiter will ich in welcher Funktion einsetzen und wie will ich das Unternehmen kulturell ausrichten? Dies sind nur einige nennenswerte Perspektiven. Während in einer wesentlich weniger komplexen Welt in früheren Zeiten Geschäftsentscheidungen oft intuitiv und alleine vom Unternehmenspatriarchen gefällt wurden und dieses Vorgehen oft in dieser Weise auch heute noch Anwendung findet, rächt sich das System heute immer mehr. Viele Denkmuster, Paradigmen und Grundeinstellungen, die oft geprägt sind von der eigenen Erziehung, Erfahrung, den eigenen Managementschulen oder Studiengängen sind heute nicht mehr tragbar, kontraproduktiv oder gar falsch. Darüber hinaus fehlt häufig eine tiefere Reflexion der Entscheidungsträger, aus welchem Motiv heraus Entscheidungen getroffen werden.

Angst

Viele Entscheider wollen Entscheidungen treffen, die ihre eigenen Grundüberzeugungen und ihre Person absichern. Angst vor dem Neuen und Ungewissen ist der wesentliche Treiber und führt nicht selten zur totalen Entwicklungsblockade. Das Wesen von Entscheidungen ist aber, dass man die Auswirkungen nicht genau kennt. Anders als beim Wählen. Da kennt man ganz genau die Konsequenzen. Entscheidungen bahnen erst einen Weg und dieser ist zunächst unbekannt. So entscheiden viele Menschen auf Basis ihrer bisherigen Muster und Paradigmen, die ihre persönliche Biographie prägen, im Vertrauen, sich auf gewohntem Terrain, also in der eigenen Komfortzone bewegen zu können.

Sympathie und Antipathie

Entscheidungen sind oft einseitig auf bestimmte Attraktoren ausgerichtet. Das Naheliegende, Sympathische wird bevorzugt. Was nicht gefällt, wird abgelehnt. Eine sehr menschliche Geste, aber gefährlich. Emotionen trüben das Verständnis für die umfassenden Zusammenhänge und schließen schnell wesentliche, vielleicht aber ungewohnte und ungewöhnliche Impulse aus.

Machtanspruch

Machtanspruch ist eines der selbstverständlichsten und gleichzeitig gefährlichsten Motive, eine Entscheidung herbeizuführen. Kompetenz im Sinne von Befugnis bedeutet noch lange nicht, dass die nötige Kompetenz im Sinne von Fähigkeiten oder Können vorhanden ist. Führungskräfte müssen längst nicht mehr alles wissen, was im Übrigen auch nicht realistisch ist, aber sie sollten für ihre Entscheidungen unbedingt auf die Fähigkeiten und das Wissen derjenigen zurückgreifen, die tief im Thema drin sind. Aus den unterschiedlichen Perspektiven ergibt sich dann ein Ganzes, das der hierarchisch Höherstehende zusammenführen muss. Das nennt man konsultativen Einzelentscheid. Er berücksichtigt die verschiedenen Perspektiven und das Wissen der Know-how-Träger und ist verbunden und nicht abgekoppelt vom System. Oft wird übrigens auch vergessen, dass trotz aller formalen Befugnisse auch ständig Entscheidungen von allen Beteiligten entlang der Prozesskette oder in Bezug auf die informelle persönliche Einflussnahme getroffen werden, die so ihr Eigenleben entwickeln und nicht mehr kontrollierbar sind.

Operativer Fokus – das Naheliegende

Häufig zu beobachten ist, dass Entscheidungen gerne da getroffen werden, wo direkt und schnell Konsequenzen sichtbar sein könnten, und das ist ganz häufig das Operative. Die Verführung liegt hier in der unmittelbaren Sichtbarkeit der Auswirkungen. Das aber täuscht, denn der enge Blick auf das Operative schaltet den Blick auf wesentliche weitere Enflussfaktoren wie Strategie, Führung, übergeordnete Zusammenhänge etc. aus. Das System beginnt sich zu verzetteln und erkennt das Wesentliche eventuell auch andere gefährliche Strömungen nicht.

Intransparenz

Wenn Mitarbeiter die Entscheidungen der Vorgesetzten mangels Transparenz nicht nachvollziehen können, werden sie abgehängt und ziehen sich aus ihrer eigenen Verantwortung zurück. Wenn das Lenkrad ständig, nicht nachvollziehbar, von links nach rechts und von rechts nach links gerissen wird, macht man allenfalls noch Dienst nach Vorschrift. Der Chef muss es ja wissen. Mitarbeiter beginnen, nur noch auf Anweisungen zu reagieren und gewöhnen sich an sinnloses Arbeiten. Gleichzeitig wird die Last der Verantwortung für den Chef immer schwerer, und die Chance, das Schiff in die richtige Richtung zu lenken, sinkt dramatisch.

Paradoxien

Paradoxien machen vielen Führungskräften Angst. Sie haben allerdings täglich damit zu tun. Auf der einen Seite will man die Mitarbeiter gewinnen, entwickeln und einen guten kulturellen Boden schaffen, auf der anderen Seite müssen z.B. Ressourcen beschränkt werden. Paradoxien führen häufig zur Lähmung und Entscheidungsunfähigkeit. Der Umgang mit Paradoxien fordert ein hohes Maß an Gestaltungsfähigkeit, was auch bedeutet, sich tiefer mit dem Problem auseinanderzusetzen. Paradoxien können nur auf anderer Ebene als dort, wo sie entstehen, aufgelöst werden. Dazu braucht es gute Problemlösungsprozesse anstatt Entweder-oder- Entscheidungen.


Lesen Sie im nächsten Blogbeitrag, was Sie berücksichtigen können, um den Fallen auf dem Weg zur Entscheidung auszuweichen.

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